Mord in Great Britain

Neue Krimis von Tana French, Zoë Beck und Howard Linskey

Ein Alptraum: In ihrem Haus in einer neu entstehenden Wohnsiedlung am Meer wird eine junge Familie tot aufgefunden: die beiden kleinen Kinder mit einem Kissen erstickt, der Vater erstochen, die Mutter lebensgefährlich verletzt. Statt eines sicheren Rückzugsorts – viel Platz zum Spielen und saubere Luft für die Kinder, fernab von den Gefahren der Stadt – fanden Pat und Jenny in dem kleinen Ort, eine Dreiviertelstunde von Dublin entfernt, die Hölle: Wegen der Finanzkrise wird die Siedlung nicht weiter ausgebaut, Jugendliche marodieren durch die leeren, heruntergekommenen Hausgerippe, die Doppelhaushälfte ist feucht und brüchig, die Nachbarn feindselig, ein heimlicher Beobachter hat sich im unfertigen Haus gegenüber einquartiert. Und etwas ist ins Haus der Familie eingedrungen, etwas, das nicht gefasst werden kann.

Tana French zeigt in »Schattenstill«, ihrem vierten Kriminal- roman, wie die Finanzkrise der Mittelschicht den sichergeglaubten Boden unter den Füßen entzieht, wie Job, Haus und Werte wegbrechen. Mit viel Einfühlungsvermögen schildert French, wie die wachsende Verunsicherung Abgründe hinter den Fassaden aufreißt. Dabei lässt sie sich viel Zeit, und das ist gut so, denn erst nach und nach werden die Dimensionen des Verbrechens fassbar – subtil, spannend und intelligent.

Haifischbecken Familie

Vor sieben Jahren verschwand Pippa Murrays Freund nach einem Streit, seitdem hat sie kein Wort mehr von ihm gehört. Doch nun wird in einem abgelegenen Gutshaus eine Frau erschlagen – und Pippa ist überzeugt: Der Täter ist ihr verschollener Freund. Kaum hat sie dies der Polizei mitgeteilt, ist auch sie nicht mehr auffindbar.

Zoë Becks vierter Kriminalroman »Das zerbrochene Fenster« – wie seine Vorgänger in Edinburgh angesiedelt – spielt auf zwei Zeitebe- nen: Durch Pippa Murrays Tagebuchaufzeichnungen erfährt der Leser, was vor sieben Jahren passiert ist, während es in der Gegenwart vor allem um die Aufklärung der Gewalttat und des Verschwindens von Pippa geht. Zoë Beck verwebt diese Stränge elegant zu einem klugen Krimi um Schuldgefühle und ebenso komplexe wie emotional abgründige Familienverhältnisse. Auf diese wirft die Autoren einen messerscharfen Blick: ungeschönt sezierend und mit knochen- trockenem Humor.

Cooles Juwelchen

David Blake arbeitet als Berater für den größten Gangsterboss von Newcastle, sein offizieller Titel lautet Vertriebs- und Marketingchef. Als solcher sorgt er für die Sicherheit seines Chefs und lotet neue Coups aus. Alles in allem macht er sich kaum die Hände schmutzig. Das geht so lange gut, bis eine Übergabe von Schutzgeld, für die Blake verantwortlich war, gründlich schief läuft. Nun hat er wenige Stunden, die Schuldigen zu finden und das Geld wieder aufzutreiben. Sollte er das nicht schaffen, sieht es gar nicht gut für ihn aus.

Howard Linskeys Kriminalroman »Crime Machine«, konsequent aus der Ich-Perspektive geschrieben, ist eine kleine coole Perle. Blake ist clever, aber nicht allzu abgebrüht, seine Suche nach dem vermissten Geld führt ihn tief in die komplexen und unerwartet weitreichenden Strukturen der organisierten Kriminalität. Das ist sehr gut geplottet und geschickt konstruiert, schnell erzählt, dazu gespickt mit schwarzironischer Komik. Und außerdem es ist auch noch richtig gut geschrieben und übersetzt.

Kirsten Reimers

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Tana French: Schattenstill
(Broken Harbour, 2012)
Aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann
Scherz 2012
geb., 732 Seiten, 16,99 Euro
ISBN 978-3-502-10223-6
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Zoë Beck: Das zerbrochene Fenster
Bastei Lübbe 2012
Tb., 366 Seiten, 8,99 Euro
ISBN 978-3-404-16046-4

Howard Linskey: Crime Machine
(The Drop, 2011)
Aus dem Englischen von Conny Lösch
Knaur 2012
Tb., 378 Seiten, 9,99 Euro
ISBN 978-3-426-51036-0
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Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in der Frankfurter Neuen Presse