Tödliche Verstrickungen

Haifischbecken Familie

»Das zerbrochene Fenster« ist der vierte Kriminalroman von Zoë Beck. Wie die drei vorherigen Romane spielt auch dieser in Schottland. Vor sieben Jahren verschwand Pippa Murrays Freund nach einem heftigen Streit. Seitdem hat sie nie wieder etwas von ihm gehört. Als auf einem Landsitz in der Nähe Edinburgh eine Frau erschlagen wird, ist sich Pippa jedoch sicher: Der Täter ist Sean, ihr untergetauchter Freund. Aber kaum hat sie dies der Polizei mitgeteilt, ist auch Pippa unauffindbar – während Schottland im Schneechaos versinkt.

Zwei Zeitebenen, elegant verknüpft

Das Geschehen wird auf zwei Zeitebenen aufgerollt: Aus Pippas Tagebuchaufzeichnungen erfährt der Leser, was vor sieben Jahren geschehen ist. In der Gegenwart dreht sich die Handlung um die Aufklärung des Gewaltverbrechens und um Pippas Verschwinden. Zoë Beck verwebt diese beiden Stränge elegant und unangestrengt. Das Mordopfer ist die Stiefmutter des reichen und von zahlreichen Psychosen geplagten Verlegers Cedric Darney. Er sowie sein Assistent und einziger Vertrauter, der Journalist Ben Edwards, traten bereits in den drei früheren Kriminalromanen auf, ohne dass sie unbedingt die Hauptrollen einnähmen oder gar eine Krimireihe entstände. Vielmehr sind Cedric und Ben das verbindende Element der jeweils für sich stehenden Bücher.

Einschnürende Familienbande

In »Das zerbrochene Fenster« rückt Cedric allerdings stärker in den Fokus, da das Motiv für die Gewalttat in dessen komplexer Familiengeschichte verborgen liegen könnte. Überhaupt spielt das komplizierte und sehr sensible Geflecht von Familien- beziehungen eine zentrale Rolle in diesem Kriminalroman. Beck schaut sehr genau hin und lotet mit sicherer Hand, knochen- trockener Komik und messerscharfem Verstand die Untiefen des unwägbaren Haifischbeckens Familie aus. Dies tut sie ohne falsche Rücksichtnahmen oder Verklärungen: Familie kann ein Ort der Geborgenheit sein, doch viel wahrscheinlicher sind offene Kränkungen und unterschwellige, tiefe Verletzungen.

Dichte Atmosphäre, lebendige Figuren

Beck bleibt dabei sehr nah an ihren Figuren, schildert sie aus sich heraus, ohne Zuschreibungen oder Wertungen. Daraus erwachsen eine sehr dichte Atmosphäre und sehr lebendige Charaktere. Auf diese Weise wird »Das zerbrochene Fenster« zu einem beklemmenden Kriminalroman um Schuld, Neid und Sehnsüchte.

Kirsten Reimers

Zoë Beck: Das zerbrochene Fenster
Bastei Lübbe 2012
Tb., 366 Seiten, 8,99 Euro
ISBN 978-3-404-16046-4

 Diese Besprechung ist zuerst erschienen im Buchmessen-Special der ARD