Die Konstruktion des Romans ist sehr interessant, erst am Ende werden die Zusammenhänge klar, erst auf den letzten Metern fügen sich die Einzelteile zu einem unerwarteten Ganzen zusammen. Das ist gut gemacht. Allerdings sind die Figuren blass und substanzlos, die Handlung bleibt über weite Strecken aufs Grübeln beschränkt. Das muss nicht verkehrt sein, doch in diesem Fall hilft es auch nicht: Der Roman bleibt eine Kopfgeburt – gute Idee, nicht besonders überzeugend umgesetzt. Und da die einzige Figur, die das Konzept von Identität tatsächlich in Frage stellt und Grenzen auflöst, pathologisiert wird, rüttelt das Buch auch kein bisschen an den Grundfesten unserer Vorstellung, wer wir sind und was »Ich« bedeutet.
Dan Chaon: Identität
Deutsch von Giovanni und Ditte Bandini
Rowohlt 2010
Tb., 395 Seiten. 14,95 Euro
ISBN 978-3-86252-003-9
auch erhältlich als eBook (hier klicken)
Diese Besprechung ist zuerst erschienen im CrimeMag