Unter Geisterjägern

Ein Mysterium! Ermordet liegt der Parapsychologe Gabriel Rosenfeld in einem von innen verschlossenen Raum im Institut für Grenzwissenschaften. Das Herz wurde ihm heraus- geschnitten – doch das war nicht die Todesursache. Was zunächst wie ein höchst klassischer Krimiplot scheint, entpuppt sich als etwas ganz anders: Statt wie ein Locked- Room-Mystery ein logisches und rationales Krimirätsel zu bieten, bekommt die Story einen gehörigen Drall ins Paranormale.

Christine Lehmann spielt mit allerlei aktuellen Trends der Literatur- und Filmindustrie: Vampire, Nachzehrer, Voodoo, Spuk, Hellseherei, Psi-Phänomene, Telekinese und und und. Über allem droht der all- mächtige Mentalterrorist, der allein durch seine Geisteskraft Erdbeben hervorruft, Flugzeuge abstürzen lässt und verstörende Tweets via Twitter versendet. Mittendrin Schwabenreporterin Lisa Nerz, die zu ihrem Erstaunen auch über Psi-Kräfte verfügt. – Oder?

Wie schon in »Malefizkrott« greift Lehmann aktuelle Ereignisse und Strömungen in Gesellschaft wie Medien auf und verzwirbelt sie in gestochen scharfer Sprache und zwingender Logik zu einem klugen Krimiplot. Da bleiben auch der Seitenhieb auf die Rätselralley à la Dan Brown und das Geheimnis um den schwingenden Kronenleuchter in Schloss Neuschwanenstein nicht außen vor. Leicht ins Surreale übersteigert, bleibt Lehmann dennoch bodenständig und zeigt unter anderem die Manipulierbarkeit der Medien und deren Manipulationen, wenn es um den nächsten heißen Scoop geht.

Das Einflechten von Weltereignissen und Aufregern ist wunderbar gemacht, aber es hat – nachdem es bereits in »Malefizkrott« das zugrundeliegende Konzept war – dieses Mal ein bisschen was von dem Abgehen bestimmter Themenpunkte: Während des Lesens läuft im Hinterkopf eine Liste mit, auf der die einzelnen Punkte nach und nach abgehakt werden. Nichtsdestotrotz ist der Roman faszinierend, fesselnd und sinnlich, denn Christine Lehmann schafft es wie keine Zweite, dass man beim Lesen mit Lisa Nerz in das merkwürdige Denksystem der Parapsychologie eintaucht und gleichzeitig das Konzept von außen kritisch hinterfragt. Und nicht einmal der Katzencontent kommt dabei zu kurz.

Kirsten Reimers

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Christine Lehmann: Totensteige
Ariadne/Argument Verlag 2012
Tb., 537 Seiten, 12,90 Euro
ISBN 978-3-86754-189-3
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 Diese Rezension ist zuerst erschienen im CrimeMag