»Meistens halten sich meine Figuren nicht an mein Konzept«

Interview mit Lucie Flebbe

Für ihren Krimi »Der 13. Brief« erhielt Lucie Flebbe – damals noch Lucie Klassen – einen der wichtigsten deutschen Krimi- preise: den Friedrich-Glauser-Preis, und zwar für das beste Debüt. Das war im Jahr 2009. Nun ist ihr zweites Buch erschienen: »Hämatom«. Erneut schickt die Autorin ihre junge Heldin auf Mörderjagd. Diesmal ermittelt Lila Ziegler ganz auf sich selbst gestellt und auf eigene Faust im Krankenhaus.

 

Der Friedrich-Glauser-Preis für das beste Debüt – verändert das etwas beim Schreiben? Haben Sie sich dadurch beim zweiten Buch eher unter Druck gesetzt oder eher bestätigt gefühlt?

Als beste Newcomerin für den Erstlingskrimi ausgezeichnet zu werden, ist eine großartige Motivation. Gebremst wurde diese Motivation weniger durch die hohen Erwartungen als durch unseren jüngsten Sohn, der in der Zwischenzeit zur Welt gekommen ist. Deshalb hat es knapp zwei Jahre gedauert, bis mit »Hämatom« nun der nächste Lila-Krimi im Handel ist.

Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?

Geschrieben habe ich schon immer. Als Kind waren allerdings Pferdegeschichten meine Spezialität, die Vorliebe für Krimis kam erst später.

Haben Sie schon vor dem »13. Brief« Bücher oder Geschichten veröffentlicht?

Aufgrund einer Reihe merkwürdiger Zufälle wurde eine Pferdegeschichte, die ich im Alter von vierzehn Jahren geschrieben habe, bei einem spanischen Verlag veröffentlicht. Bis zur Entstehung des »13. Briefs« habe ich durch Schreibübungen ein ganzes Regal mit Texten gefüllt (die in diesem Regal übrigens gut aufgehoben sind).

Was ist beim Schreiben zuerst da: der Plot, der Mord, die Figuren, bestimmte Situationen? Oder etwas ganz anderes?

Jeder Text beginnt mit einer Idee – möglicherweise nur eine Kleinigkeit, die außer dem/der AutorIn niemanden interessiert. Im Falle meines zweiten Romans »Hämatom« war es eine Magentablette, die mich inspiriert hat.

Wo finden Sie Ihre Ideen?

Die Magentablette fand ich im Krankenhaus.

Haben Sie beim Schreiben ein fertiges Konzept im Kopf? Oder ergibt sich das erst im Prozess des Schreibens?

Ein Krimi ist im Prinzip ein Rätsel, dass der/die Autorin für die LeserInnen bastelt. Damit dieses Rätsel am Ende eine logische Lösung ergibt, ist es von Vorteil, wenn der/die Autorin einen groben Plan im Kopf hat. Auch ich versuche, möglichst schon bevor ich mit dem Schreiben beginne, einen solchen Plan im Kopf zu haben. Meistens halten sich meine Figuren allerdings nicht an mein Konzept, und meine Geschichten gehen in eine ganz andere Richtung, als ich es vorher geplant hatte.

Wann und wo schreiben Sie?

Als berufstätige Mutter ist meine Zeit … nennen wir es mal »begrenzt«. Im Augenblick schreibe ich eigentlich nie – ich wundere mich selbst, dass meine Geschichten trotzdem irgendwie aufs Papier kommen.

Privatdetektive sind inzwischen im Krimi ja eher selten geworden. Sie haben sich mit Lila Ziegler, die aus eigenem Antrieb ermittelt, und Ben Danner, der eine Detektei hat, für eine Mischform aus Amateur und Profi entschieden – warum?

Da Lila die Geschichten in Ich-Perspektive erlebt, war es wichtig für mich, dass sie als Protagonistin auf alle Fälle Amateurin ist. Das erlaubt ihr eine unvoreingenommene Sicht der Dinge – was zum Beispiel in »Hämatom« zu einigen amüsanten Betrachtungen der Arbeitswelt im Großbetrieb Krankenhaus führt.

Warum spielen Ihre Krimis ausgerechnet in Bochum? Eignet sich Bochum besser als andere Städte als Handlungsort für einen Krimi?

Ausgesucht habe ich Bochum ursprünglich, weil ich Lila ins Herz des Ruhrgebietes schicken wollte. Bei meinen Recherchen stelle ich jedes Mal wieder fest, dass Bochum tatsächlich der perfekte Handlungsort für Krimis ist. Verblüffenderweise finde ich in Bochum immer genau, was ich für meine Geschichte brauche. Mittlerweile bin ich ein richtiger Bochum-Fan geworden.

Vielen Dank für das Gespräch.

Kirsten Reimers

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