Ein Regionalkrimi aus dem Baukasten
Vor achtzehn Jahren hat der damalige Kunststudent Harry Oldenburg – schon zu jener Zeit nicht schlecht im Fälschen alter und neuer Meister – vier Bilder aus dem Nolde-Museum in Seebüll gestohlen. Eines davon musste er auf seiner Flucht über Amrum dort zurücklassen: die „Ferien- gäste“. Nun kehrt er zurück – inzwischen erfolgreicher Kunsthändler von echten wie gefälschten Gemälden -, um das Bild zu holen. In einem Wechsel zwischen gestern und heute wird erzählt, was damals geschah und wie sich in der Gegenwart die Suche gestaltet.
Der Diebstahl vor achtzehn Jahren verlief nicht so glatt wie geplant. Erst wurde Harry von der Putzfrau überrascht. Sie konnte er noch unblutig überwinden. Der Kunststudent flüchtete daraufhin nach Amrum, um dort zunächst unterzutauchen. Doch auf der Nordseeinsel kamen mehrere Menschen hinter sein Geheimnis, die daraufhin einer nach dem anderen beseitigt werden mussten. Dabei war es gar nicht unbedingt Harry, der die unerwünschten Mitwisser tötete. Zufälle und Unfälle kamen ihm zu Hilfe. Auch in der Gegenwart gestaltet sich die Suche nach dem versteckten Bild als nicht ganz so einfach wie erhofft.
Die Geschichte hängt aufgrund ihrer Konstruktion vollständig von der Hauptfigur ab – und scheitert auch an ihr. Denn Harry Oldenburg ist nicht der etwas tollpatschige, naive Dieb, der eigentlich ganz in Ordnung ist, als den ihn der Autor schildern will. Allzu selbstgerecht reagiert er auf den Tod der unliebsamen Mitwisser, allzu selbstgefällig nimmt er Mord und Totschlag zu seinen Gunsten in Kauf. Was schwarzhumorig wirken soll, entlarvt sich unfreiwillig als kaltschnäuzig.
Der für ein Debüt erstaunlich munter und routiniert erzählte Krimi wirkt zudem wie vom Fremdenverkehrsamt der Insel Amrum gesponsert. Brav werden alle Sehenswürdigkeiten abgeklappert und beschrieben. Es fehlen nur noch die jeweiligen Öffnungszeiten und Eintrittspreise. Ein Regionalkrimi wie aus dem Romanbaukasten inklusive kauzigem Personal, geradezu idealtypisch. Nichts gegen Amrum – ganz im Gegenteil -, es zeigt sich nur wieder: Die Liebe zu einer Insel ist überhaupt kein Argument, zu einem Buch zu greifen, dessen Handlung dort angesiedelt ist.
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Krischan Koch: Flucht übers Watt
dtv 2009
Tb, 299 Seiten, 9,95 Euro
ISBN: 978-3-423-21140-6
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