Rache, kalt serviert

Neue Kriminalromane von Reginald Hill, Helon Habila und James Sallis

Reginald Hill legt mit »Rache verjährt nicht« einen fast altmodischen, aber hervorragenden Racheroman vor: Wolf Hadda, aufgestiegen vom mittellosen Sohn der Unterschicht zum reichen Hedgefondsmanager, eingeheiratet in die Upper Class, stürzt während der Finanzkrise über unsaubere Geschäfte, dazu kommt eine Anklage wegen Kinder- pornographie. Er wird verurteilt, beharrt aber stets darauf, dass er unschuldig sei und hereingelegt wurde. Nach sechs Jahren Haft kommt er frei und hat nur noch ein Ziel: herausfinden, wer hinter der Verschwörung steckt, um Rache zu nehmen.

»Rache verjährt nicht« ist der letzte Roman des Anfang 2012 gestorbenen Krimiautors, der hierzulande eher ein Geheimtipp blieb, während er in seiner Heimat Großbritannien ein gefeierter Bestsellerautor war. Sein letzer Krimi ist elegant, kraftvoll, raumgreifend und gleichzeitig pointiert erzählt, angenehm britisch, mit wenigen, aber gekonnt ausdifferenzierten Figuren, immer über den Tellerrand der persönlichen Motive hinausblickend und das große Ganze einbeziehend.

Ins Herz der Finsternis

Eigentlich keine große Sache, sondern fast so etwas wie Alltag: In Port Harcourt, Nigeria, wird die Frau eines britischen Ölingenieurs entführt. Vermutlich steckt dahinter eine Rebellengruppe, die gegen die Ölgesellschaften kämpft, die im Nigerdelta und vor der Küste nach Öl bohren. Ungewöhnlich ist allerdings, dass keine Lösegeldforderung eintrifft. Der junge Journalist Rufus und sein Vorbild, der gealterte Starreporter Zaq, machen sich daraufhin auf die Suche nach der Britin.

Ihre Reise führt ins ölverseuchte Flussdelta: Ölschlamm, stets brennende Abgas fackeln, Dorfgemein schaften, die ihr Land verkaufen, um der Armut zu entkommen und sich damit ihre Lebensgrundlage nehmen, weil Land und Wasser vergiftet werden, aufgerieben zwischen den Rebellengruppen und dem Militär. Habila schildert dies in »Öl auf Wasser« ohne moralischen Zeigefinger, ohne vordergründige Anklage, zeigt aber eindeutig, wie Lebenswelt und Gesellschaft zerstört werden. Er verbindet dabei Thrillerelemente mit denen einer Liebesgeschichte, eines Entwicklungs- sowie eines Umweltromans. Bei aller Wirklichkeitsnähe hat der Roman etwas Poetisches und Surreales, was ihn umso eindringlicher macht.

In die Tiefen des Raums

2007 erschien die deutsche Übersetzung von James Sallis’ Roman »Drive« und wurde nicht nur an die Spitze der KrimiWelt-Bestenliste des Jahre 2007 gewählt, sondern auch mit dem Deutschen Krimi Preis ausgezeichnet. Anfang 2012 lief die Verfilmung des Romans erfolgreich hierzulande in den Kinos – und nun liegt mit »Driver 2« die Fortsetzung vor. Die Kenntnis des ersten Romans ist nicht unbedingt notwendig (sie schadet aber auch nicht). Hauptfigur ist erneut der namenlose ehemaliger Stuntfahrer, der nun vielleicht Paul West heißt und von seiner Vergangenheit eingeholt wird. James Sallis schreibt ebenso poetisch wie lakonisch, so verrätselt wie hart, nirgendwo ein Wort zu viel. Ein Noir, ein Road-Thriller – schnell, sehr eigen und sehr gut.

Kirsten Reimers

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Reginald Hill: Rache verjährt nicht
(The Woodcutter, 2010)
Aus dem Englischen von Ulrike Wasel
und Klaus Timmermann
Suhrkamp 2012
Hc, 684 Seiten, 19,95 Euro
ISBN 978-3-518-46390-1
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Helon Habila: Öl auf Wasser
(Oil on Water, 2010)
Aus dem Englischen von Thomas Brückner
Verlag Das Wunderhorn 2012
Hc, 231 Seiten, 24,80
ISBN 978-3-88423-391-7
auch erhältlich als eBook (hier klicken)

James Sallis: Driver 2
(Driven, 2012)
Aus dem Englischen von Jürgen Bürger
und Kathrin Bielfeldt
Liebeskind 2012
Hc, 156 Seiten, 16,90 Euro
ISBN 978-3-935890-99-1

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in:
Frankfurter Neue Presse