Kein Entkommen

Vor zweiundzwanzig Jahren hat Frank Mackey den »Faithful Place« (so auch der Originaltitel des Romans) hinter sich gelassen – und mit ihm eine raue und trostlose Jugend in einem Dubliner Arbeiterviertel in den achtziger Jahren. Weil eine Frauenleiche in einem alten Abbruchhaus ent- deckt wird, kehrt er in sein altes Viertel zurück. Handelt es sich bei der Leiche um Rosie, seine Jugendliebe? Eigentlich hatte sie gemeinsam mit ihm weggehen wollen, damals vor zweiund- zwanzig Jahren, doch sie war nicht am vereinbarten Treffpunkt erschienen.

Mackey muss sich nicht nur seinen alten Träumen und verletzten Gefühlen stellen, sondern auch seiner Familie, die er nicht mehr gesehen hat, seit er weggegangen war. Für sie ist er ein Verräter, denn er hat sie nicht nur im Stich gelassen, sondern sogar die Seiten gewechselt: Heute ist Mackey Undercover-Ermittler bei der Dubliner Polizei.

Auch in ihrem dritten Buch lässt sich Tana French viel Zeit in der Ausgestaltung der Figuren, die Intensität, mit der ihr das gelingt, ist eine ihrer ganz großen Stärken. Der Krimistrang ist kaum mehr als ein roter Faden, der das Geschehen zusammenhält, im Mittelpunkt aber stehen die Menschen und ihren Beziehungen zueinander. French lotet mit feinem Gespür das komplexe Geflecht der streng katholischen, armen Familie aus: der Vater ein Säufer und Schläger, die Mutter zutiefst verbittert, die Kinder bis ins Erwachsenenalter hinein in Hassliebe, Eifersucht, Verehrung und Verachtung miteinander verbunden. Geplatzte Träume, Lebenslügen und tiefe Enttäuschungen – die tragische Tat, die daraus resultiert, scheint vollkommen unausweichlich.

Trotz der etwas unbeholfenen Übersetzung ist »Sterbenskalt« ein beeindruckend intensiver Roman, der gefangen nimmt.

Kirsten Reimers

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Tana French: Sterbenskalt
Deutsch von
Ulrike Wasel und Klaus Timmermann
Frankfurt/Main: Scherz 2010
Hc, 598 Seiten, 16,95 Euro
ISBN: 978-3-502-10216-8
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Diese Rezension ist zuerst erschienen im CrimeMag