Chaosidylle mit finnischem Bestatter

Herbst in Bochum – und nicht nur die Blätter fallen

Seit sie das Drehbuch zu einem »Tatort« vermasselte, lebt Drehbuchautorin Maggie Abendroth im selbstgewählten Exil in Bochum. Schreibblockade, permanenter Geldmangel und ein sehr chaotisches Leben zwischen skurrilen Ruhrpottgestalten und einem finnischen Bestatter prägen seitdem ihren Alltag. Und Todesfälle. In »umgenietet«, dem dritten Band mit der chronisch vernörgelten, überdrehten Ermittlerin wider Willen, verschwindet zunächst Herrmanns, Stammgast an Oma Bertis Kiosk, um wenig später schwer verletzt wiedergefunden zu werden. Hat das etwas mit seiner eventuellen Verwandtschaft mit Winston Churchill zu tun, wie Borowski, Herrmanns Lebensabschnittsbegleittrinker, vermutet?

Doch richtig zur Sache geht es erst, als ein bekannter Sammler alter Musikinstrumente ausgerechnet von Borowski tot aufgefunden wird. Dazu kommt ein verschwundenes altes Musikinstrument, zerschlagenes Porzellan und fatale Fingerabdrücke auf Herrmanns Flachmann. Um das Chaos perfekt zu machen, taucht Maggies Ex, der Knipser (bekannter Starfotograf) wieder auf und säuselt Verführerisches. Ausgerechnet in dieser verfahrenen Situation sind weder Freundin und Frisöse Wilma noch Freund und Kommissar Winnie da, um zu helfen, zu retten, aufzufangen.

Gut getimter Balanceakte ohne Abwege in Albernheiten

Wie die Vorgängerbände »totgepflegt« und »abgemurkst« besticht auch dieses Buch durch angenehme Überspanntheit und verqueren, rauen Charme. Handlung wie Charaktere sind auf die Spitze getrieben, immer leicht hysterisch, ohne aber ins Alberne umzukippen. Dafür haben die Mincks ein sehr feines und sicheres Gefühl. Nie wird die Grenze zur Klamotte überschritten. Ein sehr witziger Balanceakte, der auf Schenkelklopfer verzichten kann und stattdessen durchgehend überdrehtes Amüsement bietet. Nichts Süßliches hebt das auf unerträglich herzige Ebene, sondern die Figuren zicken und murren sich an, dass es eine Freude ist. Wahrheitsgetreue Wirklichkeitswiedergabe ist nicht das Ding der Bücher, Wahrscheinlichkeit reicht schon vollkommen. Da verzeiht man den zart absurden Whodunits gern, dass sie den Mordfall nicht gerade neu erfinden und Kommissar Zufall ein wenig viel zu tun bekommt.

Kirsten Reimers

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minck & minck: umgenietet.
Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz
Droste Verlag 2009
brosch., 348 Seiten, 10,00 Euro
ISBN: 978-3-7700-1290-9